"Bluesnight" in Leingarten am 10.10.2009
Heilbronner Stimme
Von Martin Nied
Wider die Herbstmelancholie
Leingarten - Im Programm der Bluesnacht fanden sich diesmal so illustre Namen wie Axel Zwingenberg, Ignaz Netzer, Albert Koch oder Lila Ammons.
Deren Großvater gilt gemeinhin als einer der Pioniere des Boogie, und zusammen mit Zwingenberg steht sie am Samstag im Leingartener Eichbott auf der Bühne, um dessen Erbe zu pflegen.
Doch der Reihe nach. Da ist zunächst das kühle, regnerischen Herbstwetter, das den rund 300 Konzertbesuchern einen ganz besonderen Blues auf die Seele gelegt zu haben scheint. Ignaz Netzer mit seinem fröhlichen Spiel und Albert Koch mit der launigen Bluesharp haben es heute ziemlich schwer. Mehr als artiger Beifall ist nicht zu bekommen, so scheint es. Auch die Kaiserslauterner Elektric-Blues-Formation Tin Pan Alley tut sich schwer. Sie versprüht zwar zahllose Funken, von denen aber keiner so richtig zünden will.
Therapie gegen Melancholie
Erst die Würzburger Bluessängerin Linda Schmelzer scheint die richtige Therapie gegen die Herbstmelancholie des Publikums gefunden zu haben. Ihr Rezept: Ähnliches wird durch Ähnliches geheilt. Bluesballaden gegen den Blues.Mit ihrer mal holzigen, mal samtweichen Stimme trifft sie den richtigen Ton. Zwischen den deutlich lauter gewordenen Beifall mischen sich nun sogar begeisterte Pfiffe. Und als sie dann ihr "Hootchie Cootchie Woman" donnert, ist das Publikum endgültig aus dem Häuschen.
Da rennen Albert Koch und Ignaz Netzer als Duo "Making Blues" nur noch offene Türen ein. Selbst der traurige Song über fremde Frauen, fremde Betten und den Musiker, der auf allen Bühnen zuhause ist, sich aber im Hotelzimmer ziemlich alleine fühlt, kann dieser Stimmung im Publikum nichts anhaben. Es wird ordentlich geklatscht.
Sprühende Hommage
Mit kleinen Kabinettstückchen wie Gershwins "Summertime" von Ignaz Netzer, neu arrangiert und überzeugend interpretiert von Linda Schmelzer, beginnt das zweite Set. John Mayalls "Room To Moove" haben Koch und Netzer neu bearbeitet. Der Blues Klassiker wird für sie zum Paradestück, eindrucksvoll demonstriert Koch, was man mit einer Bluesharp alles anstellen kann.
Dem setzen dann Axel Zwingenberg und Lila Ammons mit ihrer sprühenden Hommage an Lilas Großvater Albert das Sahnehäubchen auf.
Die traditionelle, gemeinsame Jamsession aller Musiker lässt das Publikum noch einmal von der melancholischen Stimmung der letzten Monate des Jahres absehen. Obwohl draußen die Blätter fallen:
Herbst ist es erst ab morgen wieder.